Mittwoch, 15. Januar 2014

A Nightmare on Elm Street (Wes Craven, USA 1984)


Dass ich diesen - eigentlich problemlos auf aktuelleren Medien verfügbaren - Film hier bespreche, hat seinen Grund. Denn fast alle DVDs des Films haben gegenüber dem alten Tape von CBS/Fox, dessen stolzer Besitzer ich einst war, und das ich mir unzählige Male angesehen habe, einen entscheidenden Nachteil: Im Gegensatz zu diesem enthalten sie den Film nur in der Fassung, die für ein R-Rating an zwei Stellen gekürzt werden musste, nicht in der Unrated-Version. Zugegeben: Sich einen Film wegen einem Unterschied von sieben Sekunden lieber in falschem Bild-Format und unzeitgemäßer Qualität anzusehen, ist schon etwas schrullig. Dennoch kann ich mich an solche Kürzungen bei einem Film, mit dessen längerer Version ich aufgewachsen bin - genauso verhält es sich übrigens mit dem De Palma-Klassiker Dressed to Kill - einfach nicht gewöhnen. Basta.

Wes Craven gab dem Slasher-Genre zweimal entscheidende Impulse. 1996 belebte er es mit Scream komplett neu, nachdem es zuvor weitestgehend in der Versenkung verschwunden war, führte es aber zugleich mit seinen ironischen Selbstbespiegelungen in eine radikal falsche Richtung (und ich denke, dass man das sagen kann, unabhängig davon, ob man den Film selbst nun mag oder nicht).
Zwölf Jahre zuvor, 1984, allerdings verhielt es sich wesentlich komplizierter. A Nightmare on Elm Street war einerseits ein großer kommerzieller Erfolg. Seine Hauptfigur, der Teenie-Killer Freddy Krueger mit seinem pizza face, dem zerschlissenen Hut und grün-rot geringelten Woll-Pullover und dem mit Klingen besetzten Handschuh wurde zu einer Ikone - weit über das Genre, ja, das Medium Film hinaus. Gerade am Teenie-Slasher jedoch schienen die Impulse, die von diesem Film hätten ausgehen können, größtenteils vorbeizugehen. Nightmare intellektuallisierte das Genre nicht nur durch eine Vielzahl literarischer, mythologischer und psychologischer Bezüge, er bereicherte es auch um surrealistische Bilderwelten und baute seine übernatürlichen Elemente aus - weit hinaus über den Killer, der am Ende jedes Teil eines Franchise' stirbt, um im nächsten wieder aufzutauchen.
Viele Jahre nach dem die Bewohner einer kalifornischen Kleinstadt den Kindermörder Fred Krueger (Robert Englund) gestellt und verbrannt haben, kehrt er zurück - in den Albträumen ihrer - inzwischen jugendlichen - Kinder. Das Teuflische daran ist, dass Freddy die Grenze zwischen Traum und Realität zu überschreiten vermag. Wer ihm im Traum zum Opfer fällt, für den gibt es kein Erwachen mehr.
Die Vorgeschichte des Films könnte direkt einem Rachethriller mit Charles Bronson entstammen. Nachdem Krueger zunächst verhaftet und verurteilt wurde, muss er doch freigelassen werden, aufgrund eines juristischen Fehlers. Erst jetzt beschließen die Eltern des Städtchens, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. Jedoch hat die Selbstjustiz hier keine reinigende Wirkung, ganz im Gegenteil: Aus ihr entsteht erst die Ur-Schuld der Eltern, die sich als Erbsünde auf die Kinder überträgt. Unter der Oberfläche der Elm Street mit ihren weißen sonnenbeschienen Fassaden und gepflegten Vorgärten, erstrecken sich als kollektives Unbewusstes die weitläufigen Heizungskeller, in denen Freddy einst sein - vorläufiges - Ende fand. Die Rückkehr des Verdrängten als Rückkehr des Verbrannten. Neben der gelungenen Charakterisierung der jugendlichen Protagonisten (neben Heather Langekamp übrigens auch ein blutjunger Johnny Depp), die sich wohltuend von den gängigen Abziehbild-Figuren des Genres unterscheiden, zeichnend Craven auch das Kleinstädtische Milieu als, unter der sauberen Oberfläche, ziemlich kaputt und abgefuckt. Wo in vielen anderen Slashern die Killer als reaktionäre "Racheengel" erscheinen, die die "Transgressionen" der Jugendlichen, also vorehelichen Sex und Drogenkonsum, bestrafen, stellt sich Craven ganz auf die Seite der Jungen gegen die entweder versoffen depressive oder harthändig bigotte Elterngeneration. 
Was Nightmare aber zu einem Meisterwerk des Horrorfilms macht, ist, neben der wirklich erschreckenden Grundidee der - buchstäblich - wahr werdenden Albträumen, die einmalige Atmosphäre des Films, in dem Traum und Realität fließend ineinander übergehen. Nicht nur, dass die Hauptfigur Nancy (Langenkamp) sich so lange wach hält, dass sie selbst nicht mehr weiß, ob sie schläft oder nicht, auch die Aufnahmen am Tag bekommen durch die Kamera von Jacques Haitkin und den - über weite Strecken grandiosen - Score von Charles Bernstein etwas entrücktes, traumartiges. Craven zeichnet einen Alltag, der ständig infiziert ist vom Grauen, das immer lauert und darauf wartet, sich seinen Weg an die Oberfläche zu bahnen. Überall: Im Klassenzimmer, in der Badewanne, im Bett.  

Samstag, 11. Januar 2014

The Dentist (Brian Yuzna, USA 1996)

Beverly Hills: Ein Albtraum ganz in weiß. Weiß sind die, von gleißendem Sonnenlicht durchfluteten Interieurs des protzigen Hauses von Dr. Feinstone (Corbin Bernsen). Weiß ist der Bademantel seiner schönen Frau Brooke (Linda Hoffman). Weiß sind die Zähne der Schönen und Reichen - und natürlich Weißen -, die Feinstone behandelt, denn er ist Zahnarzt. Nicht weiß hingegen ist der Schmutz, die Bakterien, die Fäulnis, die es für Feinstone, so sein - schon zu Beginn etwas eigenartiges - Berufsethos, auszumerzen gilt. Sie sind auch das einzige, wovor sich der neurotisch hygienebesessene Zahnarzt mehr fürchtet, als vor dem Finanzamt. Dieser Schmutz macht sich jedoch nicht nur in den Mündern seiner Patienten breit, er dringt auch in sein Privatleben ein. Genauer: in den Mund seiner Frau, in Form des pool boys Matt, der nicht nur aussieht, als sei er aus einem Porno entlaufen, sondern auch hauptsächlich da zu sein scheint, um die sexuellen Phantasien der gelangweilten Hausfrauen von Beverly Hills zu befriedigen. Mit ihm also kommt "dreckiger" Sex - oder zumindest das, was jemand wie Feinstone dafür halten mag - in die sterile weiße saubere Welt des Zahnarztes. Dieser beobachtet äußerst unamüsiert wie Brooke Matt am Pool einen bläst, wie der makellose weiße Körper seiner Frau von seinen schmutzigen Händen beschmiert wird. (Interessant ist hier, dass es eigentlich kaum noch um Eifersucht geht, sondern eher ums klassistische Ressentiment und das sexuelle Minderwertigkeitsgefühl gegenüber dem ebenso "schmutzigen" wie potenten Proletarier.) Ebenfalls nicht weiß ist Detective Gibbs (Ken Foree, der schon in Dawn on the Dead einen Polizisten spielte, und sich seit dem zu einer gern gesehenen B-Movie-Ikone entwickelt hat). Er hält Zahnärzte sowieso für Folterknechte in weiß, und verdächtigt deshalb, als der Hund von Feinstones Nachbarin erschossen wird, schnell Feinstone. Mit gutem Grund, denn dieser, der sein seelisches Gleichgewicht schon zu Beginn mehr schlecht als recht mit Händen voller Tabletten zu halten versuchte, dreht nun vollends durch. Er tritt, mit Pistole und - vor allem - dem Handwerkszeug seiner Zunft bewaffnet, einen Rachefeldzug gegen den Schmutz an, zieht eine immer größere Blutspur durch sein privates und berufliches Umfeld. Wo weiß war, soll rot werden.
Von meiner ersten Sichtung des Films vor etlichen Jahren hatte ich vor allem die Zahnarzt-Szenen in Erinnerung, die mehr durch Mark und Bein gingen als das meiste Andere, was ich an Splattrigem bislang im einem Film gesehen hatte. Tatsächlich sind die Nahaufnahmen von Bohrern, die sich in Zähne fräsen, bis das Blut sprudelt, von Küretten und Spritzen, die ins Zahnfleisch eindringen und die verzerrten Subjektiven Feinstones, der - zunehmend unter Wahnvorstellungen leidend - die Zähne seiner Patienten/Opfer als vergammellte Stümpfe sieht, nichts für Zartbesaitete - und schon gar nicht für Menschen mit Zahnarztphobie. Erstaunt hat mich allerdings, wie kurz diese Sequenzen sind (gut möglich, dass ich in der Erinnerung auch den ersten und den zweiten Teil durcheinander warf, der - leider nur - hiervon schon quantitativ einiges mehr zu bieten hat). Vollkommen entgangen war mir damals jedoch, wie sehr Brian Yuzna hier an die brachial-satirische Kritik an der "besseren Gesellschaft" anknüpft, die ja schon sein Regie-Debüt - und Meisterwerk - Society auszeichnete, dessen Handlung ebenfalls in Beverly Hills angesiedelt war. Entpuppte sich die High Society dort als verschworene Gesellschaft von Mutanten, denen die sozial schwächeren nur als Nahrungsmittel dienten, wohnt auch hier - schon bevor der dentale Terror wirklich beginnt - unter der schneeweißen Oberfläche das Grauen. Die perfekte Ehe, von der Feinstone zu Beginn im Voive Over spricht, stellt sich in nur einer Szene als keimfreier und gefühlskalter Albtraum heraus. Der Seitensprung der Frau erscheint allzu nachvollziehbar. Kaum sympathischer sind viele der Nebenfiguren. Hier kann ein hübsches Teenager-Naivchen keine Zehn Sekunden im Wartezimmer platz nehmen, ohne von einem "Agenten" (Mark Ruffalo in einer frühen Rolle) angequatscht zu werden, ob sie "modeln" möchte. Ist ein schmierige Steuerfahnender (Earl Borne) gerne bereit, gegen kleine Gefälligkeiten ein Auge zuzudrücken.
Mit jedem Yuzna-Film, den ich (wieder-)sehe, verstehe ich Diejenigen, die in dem Mann einen eigentlichen Stümper sehen, der sich lediglich darauf versteht, die Bedürfnisse adoleszenter Gorehounds zu befriedigen, etwas weniger. Inszenierung, Kamera und Ausleuchtung von The Dentist sind von einiger - szenenweise sogar beträchtlicher - Eleganz. Nur ein Beispiel: Als Feinstone Brooke in eine Falle in seiner Praxis lockt, sehen wir, die Kamera in Kniehöhe, zunächst wie sie durch eine Tür tritt, der lange Schatten ihrer Beine in Nylons und High Heels auf dem Boden. Immer in gleicher Höhe folgt der Kamera-Blick ihren Beinen zunächst bis sie durch eine andere Tür geht. Nun schleicht die Kamera, ohne Schnitt, durch einen leeren Flur, ganz blaustichige Dunkelheit und lange Schatten, bis sie zu einer weiteren Tür gelangt, aus der die Beine wieder ins Bild treten. Das sieht nicht nur ziemlich schick aus und sorgt für gelungene Suspense, es ist auch ein schönes Beispiel für die - bewußte - Inszenierung eines männlichen penetrierenden Kamera-Blicks, der alles, was er erfasst - also nicht nur Frauenbeine und was sie schmückend umhüllt, sondern auch die Räume, durch die sie sich bewegen - in einen Fetisch verwandelt.
The Dentist folgt der gleichen Struktur, wie viele andere Filme des Regisseurs. Eine - von vonherein als grundfalsch etablierte - Normalität öffnet sich immer mehr dem Grauen, um schließlich in einem so blutigen wie grotesken Albtraum, im fröhlichen Splatter-Exzess zu enden. Entscheidend ist dabei gar nicht mal so sehr die oberflächliche Kritik an den sozialen Veränderungen durch die neoliberalen Reaganomics (Society), einem völlig aus dem Ruder laufenden Militarismus (Return of the Living Dead 3) oder eben einem ins pathologische übersteigerten Hygiene- und Schönheitswahn (The Dentist). Viel wichtiger scheint mir, dass es eben Splatter-Filme sind, die - vollkommen unverhohlen - die Lust am zerstörten, verletzten und mutierten Körper zelebrieren. Diese Lust, die hier eben nicht mehr - wie in vielen Slashern aus den Achtzigern - unter den Deckmantel einer verlogenen Sexualmoral gestellt wird, ist auch als Rebellion gegen ein gesellschaftliches Ideal zu lesen, das den makellosen, gestählten, ständig "verbesserten" Körper als Ware feilbietet. Gerade durch Zerstörung und Mutation der Körper verteidigt Yuzna die Lust an ihnen gegen einen nur noch utilitaristischen Körper-Begriff.
 
 
Tape: Screen Power, Deutschland 1998 (OFDb-Link
 

Freitag, 3. Januar 2014

Fortress (Stuart Gordon, Australien, USA 1992)

Tape: Cosmos Home Entertainment, Niederlande 1994, Engl. mit nl. Untertiteln. (OFDb-Link)

Die Zukunft. In den USA herrscht strenge Geburtenkontrolle. Jede Familie darf nur ein Kind bekommen. John Brannick (Christopher Lambert) und seine Frau Karen (Loryn Locklin) versuchen ins Land einzureisen, ohne dass die Grenzkontrollen mitbekommen, dass Karen zum zweiten mal schwanger ist. Sie werden erwischt und in das unterirdische Hochsicherheitsgefängnis "Fortress" gebracht. Dem aufrichtigen und mutigen John gelingt es schnell, sich unter den Insassen zu behaupten - und sich bei der Leitung unbeliebt zu machen. Nachdem er sich in einem Kampf gegen einen verurteilten Mörder und Bandenführer durchsetzt, aber sich weigert, den Befehl des Gefängnisdirektors Poe auszuführen, ihn zu töten, kommt er in die "Mind Wipe Chamber", wo sein Bewusstsein in einer mehrtägigen Tortur ausgelöscht werden soll. Um ihm das Leben zu retten, lässt sich Karen darauf ein, mit Poe zusammenzuleben. Als John nach mehreren Monaten aus seinem Zustand der geistigen Umnachtung erwacht, kennt er nur noch ein Ziel: Den Ausbruch, der noch niemandem geglückt ist.
Keines der Versatzstücke, aus denen Stuart Gordon und sein Autoren-Team den ultimativen Knast der Zukunft bauen, ist an sich neu. Alles in Fortress kennt man aus anderen Endzeit- bzw. Gefängnis-Filmen. So erinnert etwa bereits die Gestaltung der opening credits an Paul Verhoevens zwei Jahre zuvor entstandenen Total Recall. Das unterirdische Gebäude mit seinen röhrenartigen gigantolomanen Fahrstuhlschächten in gleißendem Blau, durch deren Decke riesige Ventilatoren Sauerstoff in die Festung pumpen, paraphrasiert die dystopischen Architekturen des Science-Fiction-Genres - von Metropolis bis The Blade Runner. Am Anfang, wenn John im Fahrstuhl zu seiner Zelle kommt, bieten diese die Kulisse für klischierte Gefängnis-Bilder: Finster dreinschauende Männer, die in Grüppchen zusammen stehen und Gewichte heben. Die Wucht des Films jedoch entsteht aus seiner enormen Verdichtung der bekannten Versatzstücke und Motive zu einer bedrückenden Vision von Überwachen und Strafen, bei der es Michel Foucault wohl eiskalt den Rücken heruntergelaufen wäre. Hier ist die Überwachung absolut. Sie erstreckt sich bis in die Körper und Köpfe, der so wirklich transparent gewordenen Menschen. Bei ihrer Ankunft wird den Gefangenen eine Sonde in den Magen implantiert. Über diese können ihnen Schmerzen zugefügt werden oder sie kann zur Explosion gebracht werden. Auf dem Boden sind gelbe und rote Linien angebracht. Das übertreten der gelben führt zum Schmerz, das der roten zum Tod. Viele der Mauern, die die Gefangenen halten, sind für sie ebenso unsichtbar geworden, wie die Außenwelt oder die Menschen (?), die Urheber ihrer Martern sind. Am Bau der sichtbaren Mauern hingegen werden die Insassen aktiv beteiligt. "Fortress" gehört der Men-Tel-Corporation, die einerseits für die Gefangenen Geld vom Staat erhält, andererseits werden diese als kostenlose Arbeitskräfte genutzt, die den Knast immer weiter bauen. Die mobilen Kameras an der Decke sehen nicht nur äußere "Subversionen", sie scannen auch die Gedanken und Träume. Jeder "illegitime Denk-Prozess" - etwa an Sex - führt zu Schmerzen.
Aber noch etwas ist bedrückend an dieser Welt. In ihr scheint das Böse kein Subjekt mehr zu haben. Kurtwood Smith spielt den Gefängnisdirektor - und wer ihn als Gangster in Robocop gesehen hat weiß, dass er verdammt gut darin ist, böse zu sein. Poe heißt er, aber der "Autor" des Schreckens dieser Welt ist er gerade nicht. Auch er ist ein Produkt der Men-Tel, was wiederum ein sprechender Name ist (mental). Der Überwachungscomputer, den er bedient, heißt Zed-10, doch das letzte Glied einer Kette (Z) ist auch er nicht. Vielmehr bleiben diejenigen, die wirklich die Fäden in der Hand halten in diesem Film auf kafka'eske Weise unsichtbar, abwesend.
Christopher Lambert übertreibt das Klischee des traumatisierten Rechtschaffenden derart, dass es schon wieder lustig ist. In einer Nebenrolle als Zellengenosse - und späterer Mit-Flüchtling - ist ein gut aufgelegter, unrasierter, langhaariger und bebrillter Jeffrey Combs zu sehen. Für Gordon/Yuzna-Aficionados immer ein Vergnügen (und zu einem solchen entwickle ich mich gerade mit (fast) jedem Film der beiden, den ich (wieder-)sehe, etwas mehr).
Natürlich weiß Gordon letztlich außer einem fetzigen B-Movie-Spektakel aus seiner finsteren Zukunfts-Vison nichts zu machen (wobei die set pieces, aus denen dieses zusammengesetzt ist, von recht unterschiedlicher Qualität sind. Immerhin gelingt es dem Film gegen Ende, die Spannung ordentlich anzuziehen).
Natürlich bleibt bei der Flucht aus der Welt der absoluten Überwachung die Glaubwürdigkeit gründlich auf der Strecke.
Natürlich könnte, wer den Hang zum ideologiekritischen Mäkeln hat, beklagen, dass die bürgerliche Kleinfamilie die einzige Utopie ist, die Fortress seiner finsteren Zukunft entgegenzusetzen weiß.
Daran, dass solche mittelgroß budgetierte Exploitation, die heute genauso ausgestorben scheint wie die Video-Kassette, nicht nur nostalgisch verklärbar ist, sondern auch einen finstereren -und teilweise erschreckend zutreffenden - Blick in die Zukunft wirft, als es der Hollywood-Manistream könnte, ändert das alles jedoch nichts.  

Donnerstag, 2. Januar 2014

Zum Geleit

Die finstere Höhle der verbotenen Gewalt-Videos

Am Anfang stand eine Schatzkammer. Die Kammer in der Wohnung meines Vaters, in der sich die Reste meiner alten VHS-Sammlung befinden. Immer noch 200 bis 300 Kassetten. Ungefähr die - wesentlich interessantere - Hälfte davon das, was deutsche Jugendschützer seinerzeit als "Gewalt-Videos" diffamierten. Immer wenn ich dort bin, berge ich einige dieser Schätze und bringe sie in meine eigenen vier Wände, um sie mir mit dem - erst kürzlich wieder angeschlossenen - Video-Rekorder anzusehen.
In diesem Blog will ich nun ausschließlich über Filme schreiben, die ich auf VHS gesehen habe.
Ich bin kein ausgesprochener VHS-Nostalgiker. Auch weiterhin werde ich mich Filme vorwiegend auf DVD, Blu-ray oder im Kino ansehen. So sollen im Mittelpunkt der hier veröffentlichten Texte auch nicht die Eigenheiten eines Mediums stehen. Nicht die (vorgespulten) Trailer vor dem Film oder das Zurückspulen danach, nicht der Bandsalat, nicht die VHS-typischen Artefakte, FSK-Ansagen oder die riesigen holländischen Untertitel, die oft in Kauf nehmen musste, wer Genre-Filme der härteren Art in Deutschland in den Achtzigern und frühen Neunzigern unsgeschnitten sehen wollte.
Worum es mir hier, wie in meinem anderen Blog, in erster Linie geht, das sind die Filme.
Ich denke allerdings, dass die Beschränkung auf ein (antiquiertes) Medium einen ganz eigenen Blickwinkel auf die Filmgeschichte ermöglicht - gerade auch auf ihre verlorenen und vergessenen Kinder.